Das Leitungen schlitzen ist notwendig, wenn beim Renovieren oder im Rohbau Teile eines Mauerwerks herausgefräst oder -geschlagen werden, um Leitungen zu verlegen. Auch wenn Leitungen in der Regel schon bei der Errichtung der Immobilie gezogen werden, kann es bei Sanierungsarbeiten notwendig sein, dass etwa neue Steckdosen und damit auch Leitungen verlegt werden. Aus ästhetischen Gründen werden Gas- oder Stromleitungen und Wasserrohre “Unterputz” verlegt, sprich innerhalb des Mauerwerks.
Leitungen schlitzen gilt als eine der wenigen elektrotechnischen Arbeiten, die selbst durchgeführt werden können. Was dabei beachtet werden muss, wird in diesem Ratgeber zusammengefasst.
- Beim Leitungen schlitzen werden Gas- oder Stromleitungen und/oder Wasserrohre initial oder auch nachträglich im Unterputz verlegt.
- Wenn sich Eigentümer:innen an bestimmte rechtliche Vorgaben halten, können sie Leitungen auch selbst schlitzen. Dafür sind eine gewissenhafte Recherche und Durchführung notwendig.
- Leitungen sollten nur in bestimmten Bereichen geschlitzt werden. Außerdem müssen Heimwerker:innen darauf achten, Vorgaben einzuhalten, auf welche Weise und vor allem wie tief die Schlitze gelegt werden dürfen.
- Wenn Eigentümer:innen unsicher beim Schlitzen von Leitungen sind, empfiehlt es sich immer, professionelle Dienstleister:innen zu beauftragen.
Grundlagen: Leitungen schlitzen
Schlitze für Elektroleitungen oder andere Versorgungsleitungen herzustellen ist eine der wenigen Arbeiten im Elektroinstallationsbereich, die nicht notwendigerweise von professionellen Dienstleister:innen vorgenommen werden müssen. Das Herstellen der Schlitze ist dabei wohl der einfachste Schritt, doch beim Leitungen schlitzen sollten rechtliche Vorschriften eingehalten werden (DIN EN 1996-1-1/NA, Tabellen NA.19 und NA.20).
Hobbyhandwerker:innen sollten sich vorher über die vorgeschriebenen Installationszonen informieren und darüber, wie Wandschlitze verlaufen sollten. Das Ziel dieser rechtlichen Vorgaben ist es, dass tieferliegende Elektrik oder Rohre in den Wänden nicht geschädigt werden und die Tragfähigkeit von tragenden Wänden nicht beeinträchtigt wird.
Installationszonen für Elektroleitungen
Immobilien haben bereits verlegte Elektrik hinter den Wänden. Um die bestehenden Leitungen nicht zu beschädigen, sollten neue Elektroleitungen nur in vorgeschriebenen Installationszonen verlegt werden. Wenn Hobbyhandwerker:innen diese missachten, droht im schlimmsten Fall ein Stromschlag, den sie sich beim Meißeln, Hämmern oder Bohren zuziehen können. Auch könnten durch “falsch” oder unbedachte Schlitze Elektrik und/oder Rohre beschädigt werden, die daraufhin natürlich repariert werden müssen, was wiederum zu Mehrkosten führt.
Entsprechend ist es unerlässlich, zuerst mit einem Leitungssuchgerät bestehende Strom, Wasser und Gasleitungen zu identifizieren und zu markieren, bevor mit dem Schlitzen neuer Leitungen begonnen wird.
Installationszonen sind also unbedingt zu beachten. Auch für die Installation von Steckdosen und Schaltern liegen Regeln vor, die vorher recherchiert werden sollten.
Installationszonen im Wohnraum
In Wohnräumen dürfen Elektroleitungen senkrecht oder waagerecht verlegt werden. Waagerechte Leitungen können 15 oder 30 cm über dem Fußboden und 30 cm unterhalb der Decke verlegt werden. Senkrechte Leitungen dürfen in einem Abstand von 10 cm von Fenster- oder Türöffnungen und Ecken verlegt werden.
Installationszonen in der Küche
In der Küche oder im Arbeitsraum gilt, dass waagerechte Leitungen zwischen 100 cm und 130 cm über dem Fußboden verlegt werden müssen. Zudem gilt, dass
- Festanschlüsse für Geräte 20 cm mittig ab fertiger Fußbodenoberkante,
- Wandauslässe für Arbeitsplatzleuchten oder Dunstabzugshauben 165 cm mittig ab fertiger Fußbodenoberkante
installiert werden dürfen.
Installationszonen im Badezimmer
In Badezimmern gelten noch weitere Anforderungen, die Hobbyhandwerker:innen beachten müssen: Die sogenannten Schutzbereiche.
In den Schutzbereichen ist eine Verlegung entweder komplett verboten oder muss zusätzliche Sicherheitsabstände bewahren. In diesen Schutzzonen gibt es Bestimmungen, was wie verlegt werden darf und das Leuchten wasserdicht sein müssen, über einen Spritzwasserschutz verfügen und welche Voltzahl überhaupt erlaubt ist. Diese Anforderungen geben die IP-Schutzarten vor (DIN VDE 0100-701).
Die Schutzbereiche werden dabei in drei verschiedene Zonen eingeteilt.
- Schutzbereich 0: Innenbereich von Dusche und Badewanne – hier ist das Schlitzen komplett verboten.
- Schutzbereich 1: Fläche über Dusche und Badewanne bis zu einer Höhe von 2,25 m über dem Fußboden oder bis zum höchsten fest installierten Wasserauslauf.
- Schutzbereich 2: Die Flächen mit einer Tiefe von 60 cm vor der Badewanne oder Dusche und bis zu einer Höhe von 2,25 m oder bis zum höchsten fest installiertem Wasserauslauf.
- Schutzbereich 3: Die Flächen mit einer Tiefe von 240 cm vor Schutzbereich 2 und an den Wandseiten bis zu einer Höhe von 2,25 m oder bis zum höchsten fest installiertem Wasserauslauf.
Schlitzen in tragenden Wänden
Schlitze in tragenden Wänden dürfen bei verschiedener Wanddicke eine bestimmte Länge oder Tiefe nicht überschreiten (DIN EN 1996-1-1/NA). Wenn die Länge bzw. Tiefe überschritten werden soll, müssen sich Eigentümer:innen einen statischen Nachweis einholen (DIN EN 1996-1-1).
Für horizontale und schräge Schlitze gilt, dass sie nur zulässig in einem Bereich ≤ 0,4m ober- oder unterhalb der Rohrdecke und jeweils an einer Wandseite sind. Bei Langlochziegeln sind sie nicht zulässig.
Die Tiefe darf wiederum um 10mm erhöht werden, wenn Werkzeuge zum Schlitzen benutzt werden, bei denen die Tiefe genau eingehalten werden kann (Mauernutfräser). Bei der Benutzung von einem solchen Werkzeug dürfen Wände ≥ 240 mm gegenüberliegende Schlitze mit je 10 mm Tiefe hergestellt werden.
Bei der Länge von Schlitzen < 1250 mm muss ein Mindestabstand in Längsrichtung von Öffnungen ≥ 490 mm und vom nächsten Horizontalschlitz die zweifache Schlitzlänge eingehalten werden.
Wanddicke | Unbeschränkte Länge | Länge ≤ 1250 mm |
---|---|---|
115-149 | – | – |
150-174 | – | 0 |
175-239 | 0 | 25 |
240-299 | 15 | 25 |
300-364 | 20 | 30 |
≥ 365 | 20 | 30 |
Für vertikale Schlitze gilt, dass Schlitze nur nachträglich hergestellt werden dürfen. Diese dürfen außerdem nur bis höchstens 1 m über den Fußboden reichen, bei einer Wanddicke ≥ 240 mm bis 80 mm Tiefe und 120 mm Breite hergestellt werden.
Wanddicke | Maximale Tiefe in mm | Maximale Breite in mm |
---|---|---|
115-149 | 10 | 100 |
150-174 | 20 | 100 |
175-239 | 30 | 100 |
200-239 | 30 | 125 |
240-299 | 30 | 150 |
300-364 | 30 | 200 |
≥ 365 | 30 | 200 |
Schlitze in nicht tragenden Wänden
Die Anforderungen für Schlitze in allen anderen Wänden sind in DIN 4103 festgehalten. Als Empfehlung gilt, dass Trennwände erst bei einer Dicke von 70 mm geschlitzt werden und die Schlitze nicht mehr als 10 mm betragen sollten. Wenn es sich um eine Wanddicke von 175 mm oder 240 mm handelt, müssen Grenzwerte nicht beachtet werden.
Horizontale und schräg darf nur dann geschlitzt werden, wenn die Wand mindestens 175 mm dick ist. Bei horizontalen Schlitzen müssen dabei folgende Tiefen und Längen beachtet werden, wie auch bei den tragenden Wänden.
Bei Wänden tritt eine Biegebeanspruchung in der Plattenmitte auf, was bedeutet, dass horizontale Schlitze praktisch keine Auswirkungen am oberen oder unteren Auflagebereich haben. Deswegen sollten Schlitze in der Mitte von Wänden, wenn möglich, vermieden werden bzw. immer mit mehr Vorsicht behandelt werden.
Vertikale Schlitze werden nur nachträglich hergestellt und müssen bei Trennwänden auch wieder die Kriterien der Schlitze für tragende Wände erfüllen.
Wichtig: Vertikale Schlitze dürfen nur mit sogenanntem Präzisionswerkzeug hergestellt werden. Mit anderen Werkzeugen besteht ein erhöhtes Risiko, die zulässige Tiefe zu überschreiten und damit die Standsicherheit der Trennwand nicht zu gefährden.
Schlitzwerkzeuge
Um Schlitze in Wänden herzustellen, sollten Handwerker:innen bestimmte Werkzeuge benutzen bzw. die Schlitze fräsen. Bei der Herstellung von Schlitzen muss stets darauf geachtet werden, dass das Mauerwerk nicht beschädigt wird und jegliche Gefügestörungen vermieden werden.
Hammer und Meißel
Hammer und Meißel sind wohl das kostengünstigste, aber herausforderndste Werkzeug, mit dem Hobbyhandwerker:innen Schlitze herstellen können. Ein hoher Kraftaufwand ist erforderlich und das Weghämmern kann ungenau sein. Das bedeutet, es kann schnell mehr von der Mauer entfernt werden, als Handwerker:innen eigentlich wollten bzw. laut gesetzlicher Anforderungen dürfen, um die Wandstabilität zu schützen.
Winkelschleifer
Der Winkelschleifer ist in der Handhabung sehr viel genauer als Hammer und Meißel, da er mit einer Stein- oder Diamantscheibe arbeitet und zwei Schlitze in die Wand fräst. Bei der Nutzung des Winkelschleifers muss danach aber viel geputzt werden, da die Geräte in der Regel viel Staub bei der Fräsung verursachen.
Mauernutfräse
Die Mauernutfräse ist das beste Werkzeug, um Schlitze herzustellen. Bei den Geräten können Handwerker:innen die gewünschte Tiefe des Schlitzes vorher einstellen. Ein weiterer Vorteil ist, dass Mauernutfräsen (je nach Hersteller) oft mit einem Sauger ausgestattet sind, der das Fräsen also sehr viel sauberer gestaltet.
Da die Werkzeuge teuer sind, empfiehlt es sich, diese tagesweise zu mieten.
Schlitze verschließen
Wenn die Leitungen in der Nut verlegt und befestigt wurden, wird die Oberfläche der Wand zunächst gereinigt und dann verputzt. Hierfür kann Bau- oder Elektrikergips bzw. Haftputz benutzt werden. Handwerker:innen sollten darauf achten glatt zu verputzen. Im Anschluss können die Wände dann gestrichen oder tapeziert werden.
Wichtig: Das Schließen der Schlitze ist nicht nur aus ästhetischen Gründen notwendig, sondern auch, um Anforderungen des Schall- und Brandschutzes zu erfüllen.
Schall-, Brand- und Wärmeschutz
Bei allen Wänden, in denen Leitungen geschlitzt werden, müssen Hobbyhandwerker:innen die Anforderungen für Schall-, Brand- und Wärmeschutz beachten. Durch Schlitze in den Wänden können diese Stellen eine geringere Dämmung aufweisen.
Die Schallschutzanforderungen sind im Beiblatt 1 zu DIN 4109 festgehalten. Durch das Herstellen von Schlitzen wird der Schallschutz gebrochen. Daher müssen professionelle Handwerker:innen mit einer Berechnungsformel für das Schalldämmmaß für die neu entstandenen Teilflächen berechnen, um so sicherzugehen, dass die Anforderungen der Dämmung eingehalten werden.
Beim Brandschutz gilt, dass alle Wände in Massivbauweisen die Anforderungen nach DIN EN 1996-1-2 erfüllen müssen. Wenn Schlitze hergestellt werden, für die es keinen gesonderten Nachweis geben muss, wird die Feuerwiderstandsdauer nicht reduziert.
Bei vertikalen Schlitzen gilt, dass 2/3 der erforderlichen Mindestdicke der Wand nicht weniger als 60 mm betragen dürfen. Bei horizontalen Schlitzen muss die Restwanddicke inklusive der brandschutztechnischen Bekleidung mindestens 5/6 der erforderlichen Mindestdicke der Wand und nicht weniger als 60 mm betragen.
Anforderungen bzgl. des Wärmeschutzes sind in DIN 4108-2 festgelegt. Dabei wird empfohlen, dass Leitungen der Wasserversorgung, Wasserentsorgung und Heizungen nur in Innenwänden liegen sollten. So kann der Wärmeschutz gewährleistet und ggf. Schäden an den Rohren durch Frost o.Ä. vermieden werden. Wenn aber Leitungen in Außenwänden verlegt werden müssen, muss ein Mindestwärmeschutz gemäß DIN 4108-2 gewährleistet werden.
Fazit
Leitungen schlitzen ist eine Maßnahme, die Eigentümer:innen selbst vornehmen dürfen. Durch die gesetzlichen Anforderungen, die erfüllt werden müssen, ist es aber zu empfehlen, dass Eigentümer:innen nur dann selbst Leitungen schlitzen, wenn sie genügend Zeit und am besten auch schon handwerkliche Erfahrung haben.
Bei gravierenden Fehlern beim Herstellen von Schlitzen kann die Statik der Immobilie oder Schutzmaßnahmen bzgl. Brand, Wärme und Schall gefährdet werden. Wenn Eigentümer:innen selbst tätig werden wollen, sich aber unsicher sind, können sie auch bei der Planung der Schlitze professionelle Beratung einholen, sie aber dennoch selbst herstellen. Sollte die Zeit oder die handwerkliche Begabung fehlen, sich eingehend mit dem Thema und den rechtlichen Vorschriften auseinanderzusetzen, ist es ratsam, professionelle Dienstleister:innen mit der Herstellung von Schlitzen zu beauftragen.
FAQ
Eine Mauernutfräse ist ein Werkzeug, das speziell zum Schlitzen von Nuten genutzt wird. In solchen Nuten werden dann Rohre und Kabel verlegt.
Ja. Generell wird empfohlen, dass Trennwände erst bei einer Dicke von 70 mm geschlitzt werden und die Schlitze nicht mehr als 10 mm betragen sollten. Alle Anforderungen sind in DIN 4103-1 festgehalten.
Um Schlitze zu verputzen, müssen die Schlitze bzw. die Wand vorher gründlich saubergemacht werden. Im Anschluss kann Haftputz benutzt werden, um den Schlitz zu verschließen. Die Oberfläche sollte unbedingt glattgezogen werden.